Samstag, 21. September 2013

Ernst Thälmann - vor 69 Jahren feige ermordet

Rede des Vorsitzenden des Kuratoriums Gedenkstätte Ernst Thälmann zum Jahrestag der Ermordnung Thälmanns

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde, liebe Anwesende, Eppendorferinnen und Eppendorfer,

Wir haben uns heute hier vor der Gedenkstätte versammelt, um des Tages der Ermordung Ernst Thälmanns gedenken. Heute vor 69 Jahren wurde Ernst Thälmann Im Konzentrationslager Buchenwald feige ermordet.
Lasst mich einige Passagen aus dem Thälmann-Report von Eberhard Czichon und Heinz Marohn zitieren, sie beleuchten meines Erachtens treffend die Situation und sind nicht, wie bereits andere Dokumente, durch die Zensur der heutigen Geschichtsumschreibung gelaufen....

 
Das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 war Himmlers „Auslösesignal“, um diesmal die Zustimmung Hitlers zum Mord an Thälmann zu erlangen, den er seit 1935 geplant hatte. Daß Hitler Himmler so lange hingehalten und gezögert hatte, Thälmann zu liquidieren, diesen statt dessen in Isolierhaft verbannte, war seinem politischen Kalkül geschuldet, das abhängig war von der internationalen Solidaritätsbewegung mit dem Führer der KPD. Als Himmler am 14. August 1944 Hitler in der »Wolfsschanze«, dem „Führerhauptquartier“ in den Wäldern Ostpreußens, aufsuchte, standen auf seinem Besprechungszettel unterschiedliche Probleme, vor allem aber Hitlers Einwilligung zur Ermordung verschiedener an der Verschwörung des 20. Juli 1944 Verdächtigter. Thälmanns Name ist, wie aus dem Original ersichtlich, bei uns in der Gedenkstätte zu sehen, nachträglich hinzugefügt worden.
Thälmann hatte sich in der Einzelhaft nicht brechen und sich ebenso wenig korrumpieren lassen. Er blieb unbeugsam und unbezwingbar. Als sich die sowjetischen Truppen bedrohlich den Grenzen des sogenannten Großdeutschen Reiches näherten und Hitler noch unter dem Schock des Attentats auf ihn stand, erhielt Himmler von ihm schließlich die Zustimmung auch zum Mord an Thälmann.
Am Vormittag des 18. August holte ein SS-Sonderkommando der Gestapo Thälmann aus Bautzen ab. Der Leiter des Bautzener Zuchthauses ließ sich in einem Telefongespräch mit Berlin die geforderte Auslieferung Thälmanns ausdrücklich bestätigen. Soweit gibt es zuverlässige Zeugenaussagen für die „geheime Reichssache“: „Thälmann ist zu exekutieren“. Eine Kopie befindet sich in einer Vitrine unserer Gedenkstätte.  Ein Überführungskommando der SS verbrachte Thälmann in einem schwarzen PKW zum KZ Buchenwald bei Weimar. Dort wurde er, sofort nach der Einlieferung am späten Abend ins Krematorium gebracht, hinterrücks erschossen und seine Leiche umgehend verbrannt. Wer zum Mordkommando gehörte, konnte später ziemlich genau aufgeklärt werden. Wer die tödlichen Schüsse abgab, bleibt umstritten.
Ein Zeuge im Konzentrationslager Buchenwald, der sich am Krematorium hinter einen Schlackehaufen versteckt gehalten hatte, gab später an, daß der ihm bekannte SS-Unterscharführer Herbert Stobbe gegen Mitternacht einen PKW einließ, und die ihm ebenfalls bekannten SS-Männer Werner Berger, Wolfgang Otto und Hermann Hofschulte sich an der Eingangstür des Krematoriums aufstellten: „Drei Männer in Zivil verließen den PKW, die in ihrer Mitte einen Gefangenen eskortierten, der groß und breitschultrig war, eine Glatze hatte, die bis zum Hinterkopf reichte. Er ging mit festem Schritt auf die offene Tür zu. Die Tür schloß sich, im gleichen Augenblick fielen drei Schüsse. Dann war eine Minute Stille, dann fiel ein vierter Schuß ... Als Otto und Hofschulte am Versteck des Zeugen, vorbeigingen, hörte er, wie Otto den Rapportführer Hofschulte fragte, ob er wisse wer das gewesen sei. Hofschulte sagte: „Nee". Da antwortete Otto: „Das war der Kommunistenführer oder Häuptling Thälmann".
Die Bemühungen, den Mord zu vertuschen, seine Umstände und die Tatbeteiligten zu verklären, waren Bestandteil des RSHA-Mordplanes. Das begann mit der Veränderung der Vorlage von Pütz, setzte sich mit der Falschmeldung fort, Thälmann und Breitscheid seien am 28. August bei einem Luftangriff auf Weimar und Buchenwald ums Leben gekommen. Sie endete mit der Vernichtung aller Gestapo-Akten über Thälmann. Doch am 28. August 1944 befand sich kein alliierter Kampfverband über Deutschland. Der Londoner Rundfunk bestätigte, daß an diesem Tag kein Luftangriff stattfand. Der Angriff auf Weimar, bei dem Rudolf Breitscheid zusammen mit seiner Ehefrau in einem Splittergraben tödlich verletzt wurde, war bereits am 24. August erfolgt.
Die Ermordung Thälmanns konnte im KZ nicht geheimgehalten werden. Das internationale Lagerkomitee organisierte eine illegale Gedenkveranstaltung, an der sich 80 bis 90 Häftlinge aus fast allen von den Nazis okkupierten europäischen Ländern in der Desinfektionsabteilung, unter der Effektenkammer, beteiligten. Die Wände des Raumes waren mit rotem und schwarzem Stoff geschmückt. Eine Lampe beleuchtete ein Porträt Ernst Thälmanns, das ein sowjetischer Häftling, der Maler Roman Jefimenko, mit Kohle auf ein Stück Karton gemalt hatte. Vor dem Bild hielten sowjetische Kriegsgefangene Ehrenwache. Der deutsche Kommunist Bruno Apitz spielte auf der Geige „Unsterbliche Opfer ...“, Karl Schnog rezitierte. Robert Siewert gedachte in seiner Ansprache des antifaschistischen Kampfes und sprach von den Aufgaben, die im Geiste des Toten zu lösen waren: „Wir wollen in Thälmanns Namen geloben“, sagte Robert Siewert, „unseren Kampf ohne Furcht und Zagen fortzusetzen, wie es uns Thälmann aufgetragen hat“. Zum Abschluss der Trauerfeier sangen die politischen Gefangenen in vielen Sprachen das Kampflied Warschawjanka.
Es dauerte dreißig Jahre, bis ein bundesdeutsches Gericht den am Thälmann-Mord in Buchenwald beteiligten Wolfgang Otto verurteilte. Doch das Urteil wurde umgehend vom Bundesgerichtshof kassiert, an ein anderes Landgericht verwiesen, das Otto aus „Mangel an Beweisen“ freisprach.
Heute wird an verschiedenen Stellen in Deutschland Ernst Thälmanns gedacht, in Dresden, Stralsund, Berlin und in Magdeburg.
Hier in Hamburg, seiner Heimatstadt, haben  die Veranstaltungen zum Geburtstag und zum Tag seiner Ermordung nach 1945 jedes Jahr stattgefunden, selbst in der Illegalität nach dem KPD-Verbot 1956, das schändlicherweise immer noch besteht, wurden diese Gedenkfeiern fortgesetzt.
In einer Zeit, in der der Faschismus wieder mit Mordterror aktiv war und m.E. immer noch ist, ist das Gedenken an Ernst Thälmann und seine Kampfgefährten notwendiger denn  je. Den Geschichtsumschreibern müssen wir endlich Einhalt gebieten.
Das Jahr 2013 ist ein geschichtsträchtiges Jahr, mit unserer Ausstellung zur Machtübertragung am 30. Januar an die Faschisten und ihre Hintermänner sind wir den Geschichtsumschreibern entgegengetreten.
Auch unsere weiteren Veranstaltungen in diesem Jahr, wie die Woche des Hamburger Aufstandes mit Filmen, Tondokumenten und Gesprächen, das Angebot des gemeinsamen Lesens des Thälmann Reports und die Lehren aus Thälmanns Reden und Taten, werden uns helfen, das Gedenken an Ernst Thälmann im Vorjahr des im nächsten Jahr  stattfindenden siebzigsten Jahrestages der Ermordung zu intensivieren.
Einen wichtigen Erfolg, den wir erreicht haben, möchte ich dazu nicht unerwähnt lassen.
Viele Jahre nach der Befreiung vom Faschismus sind endlich, die in der Zeit des Faschismus ermordeten Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten durch die Enthüllung von Stolpersteinen vor dem Hamburger Rathaus geehrt worden.
Jahrelang haben wir dies mit dem Hinweis auf die in unserer Ausstellung zu sehende Tafel  gefordert und unsere Besucher darauf hingewiesen.
Dabei kann es aber nicht bleiben, eine Tafel muss ins Rathaus!
Es gibt uns aber Mut, fortzufahren im thälmannschen Sinne, gegen den und neuen alten Faschismus und die Beteiligung deutscher Soldaten in aller Welt.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den „jetzt erlaubten“ Einsatz der Bundeswehr im Innern ist nicht hinzunehmen!
Wir beenden unsere Veranstaltung mit der Niederlegung der Blumen und des Kranzes  und  anschließend dem Singen der Internationale.