Samstag, 13. Juli 2013

Einweihung eines Ernst Thälmann-Denkmals

Am 13. Juni 2011 wurde im Ort Telman in der Nähe St. Petersburgs ein Thälmann Denkmal eingeweiht.

Aus Telman berichtet Michail Matrenin

Die Geschichte Russlands setzt sich zusammen, ähnlich einem großen Mosaik, aus einmaligen Geschichten großer und kleiner Besiedlungen. Die Geschichte des Ortes am Rand von Kolpino reicht bis in die Zeit von Katharina der Großen zurück. Die Zarin erwog, Ausländer für die Entwicklung der Landwirtschaft und der Industrie des Russischen Imperiums anzusiedeln. Im Manifest von 1763 war festgelegt, dass den Übersiedlern die Glaubensfreiheit gewährt wird, sie von Abgaben und Diensten für einen Zeitraum von 10-30 Jahren befreit sind, ihnen zinslose Darlehen auf 10 Jahre gewährt werden und weitere Vergünstigungen. Man plante Kolonisten aus verschiedenen Ländern zu holen, jedoch einige Staaten verweigerten diesen „Kaderabfluss“, und so kamen im großen Maßstab nur Deutsche.

 
Sie siedelten hauptsächlich an der Wolga. Ab 1765 war es jedoch 110 Familien gestattet, sich in der Umgebung von St. Petersburg niederzulassen. Insbesondere am Ufer der Ischora, nahe der Stadt Kolpino. Die untere Kolonie, bestehend aus 16 Höfen, lag im Gebiet der heutigen Straße Anisimow. Die obere Kolonie aus 12 Höfen siedelte im Gebiet der heutigen Ortschaft Telman (hierzu existieren sogar Zahlenangaben von drei Autoren zur „Geschichte Kolpinos“).
Nach den Aufzeichnungen des Jahres 1805 wohnten in beiden Kolonien 33 Familien (244 Bewohner), 1862 hatte die obere Kolonie bereits 308 Bewohner und in der unteren wohnten 401. Die Deutschen bewahrten ihre Sprache, ihre Gebräuche und Elemente ihrer Volkstracht. Sie waren hervorragende Gemüsebauern und sie versorgten Kolpino und Petersburg mit Gemüse. Die Historiker beschreiben ein akkurates Aussehen der deutschen Siedlungen, die „mit ihren Bauten die besten russischen Siedlungen weit übertrafen und es gibt Häuser, die der Zierde der Kreisstadt dienen können“.
Im Jahr 1915 reichten die Kolonisten ein Gesuch für die Zuteilung von Boden ein, in dem sie schrieben, dass ihre Vorfahren 1281 Dessjatinen Land besaßen, jetzt aber 57 von 126 Höfen nur noch 30-56 Dessjatinen besäßen.
1920 begannen die Kollektivierung und die Enteignung der Kulaken. Davon waren auch die deutschen Siedlungen betroffen. Bald war auf deren Land eine Sowchose geschaffen worden, die den Namen des deutschen Kommunisten Ernst Thälmann erhielt. Er wurde 1886 in Hamburg geboren und begann mit 14 Jahren zu arbeiten, ab 1922 war er Mitglied des ZK der Kommunistischen Partei und stand ab 1924 an der Spitze der deutschen KP. Im Folgejahr war er zum Parlamentarier im Reichstag gewählt worden. Er leitete den kämpferischen Flügel der KPD – die Organisation Rot Front. Er sagte, dass er den Sinn des Lebens im Kampf für die Sache der Arbeiterklasse sieht. Auf Befehl Hitlers wurde er festgenommen und war 11 Jahre in Einzelhaft. Es gab kein Gerichtsurteil gegen ihn. Auf die zahlreichen Versuche der Faschisten, Thälmann zur Zusammenarbeit mit ihnen zu bewegen, erhielten diese eine Absage. 1944 wurde er im Konzentrationslager Buchenwald auf Befehl Hitlers und Himmlers erschossen.
Zu Ehren Ernst Thälmanns wurden in der UdSSR zahlreiche Straßen, Stadtbezirke und Fabriken benannt, ebenso einige Ortschaften. 1986 wurde für ihn in Moskau auf dem Thälmann-Platz, an der Metrostation „Aeroport“ ein Denkmal eingeweiht.
Das Denkmal in der Ortschaft Telman entstand auf Initiative ihres Bewohners, dem Leiter der Baufirma 326, Dimitrij Tarasowitsch Martyntschik. Es sei daran erinnert, dass vor einiger Zeit
das Kollektiv dieser Baufirma die Erinnerungsstätte an den Großen Vaterländischen Krieg generalüberholt hatte. Dieses Gedenkensemble wurde im Jahr 2008 neu hergerichtet.
Bei der Einweihung des Denkmals, das der Baumeister Bejschembek Turdaliew geschaffen hat, fand ein kleines Meeting statt. Die Redner sprachen darüber, dass Thälmann ein großer Sohn des deutschen Volkes ist, das der Welt Schriftsteller wie Goethe, Heine und Schiller gab, Philosophen wie Kant und Hegel, Komponisten wie Bach und Beethoven.
Und es ist völlig logisch, dass das Denkmal dieses unbeugsamen Kommunisten und Antifaschisten neben der Gedenkstätte für die Kämpfer gegen den Faschismus – die Kämpfer der 55. Armee, aufgestellt wurde. Unweit vom Denkmal verläuft die „Straße der Verteidigung“, wo zum 65. Jahrestag des Sieges auf Initiative und mit öffentlichen Mitteln der Stadt Kolpino der Erinnerungskomplex „Allee des Ruhmes“ entworfen und geschaffen wurde.




Fotos: Michail Matrenin