Vor 75 Jahren gingen tausende Antifaschisten aus über 50 Ländern nach Spanien, um gegen die faschistische Allianz von Franco, Hitler und Mussolini zu kämpfen. Die antifaschistischen Kämpfer waren in ihrer überwältigenden Mehrheit Arbeiter. Ein Bekenntnis zur internationalen Klassensolidarität, wie es sie vorher und nachher nie mehr gegeben hat.
Aus Großbritannien kamen ca. 2500 Freiwillige nach Spanien. Diesen „Freiwilligen der Freiheit“ zu Ehren trifft sich jedes Jahr der IBMT – International Brigade Memorial Trust –, um diese beispiellose Solidaritätsaktion zu würdigen (www.international-brigades.org.uk).
Im Gegensatz zu Deutschland erfreuen sich die britischen Freiwilligen einer hohen Anerkennung. Die Unterstützung des Vereins durch die englischen Gewerkschaften ist selbstverständlich, so u.a. in Bereitstellung von Räumlichkeiten, Sponsoring von Verpflegung und der wunderbaren Ausstellung „Antifascistas“ des IBMT. Mehr noch, die britische Gewerkschaftsbewegung ist stolz auf ihre Teilnehmer am spanischen Bürgerkrieg.
Der spanische Freiheitskampf war eben nicht nur ein Kampf um republikanische Freiheiten, sondern auch ein Klassenkampf, dessen ist sich die Arbeiterbewegung in Großbritannien durchaus bewusst. Das nachfolgende Foto zeigt den Ausschnitt eines grandiosen Gemäldes von Rosa Bransan, Tochter des Spanienkämpfers Clive Branson, in der Karl-Marx-Library in London.
Der Kampf um Madrid 1936 fand sein Spiegelbild im Kampf gegen die englischen Nazis um Mosley und seine Schwarzhemden im Herbst 1936 in London. Hunderttausende Londoner hinderten die Faschisten daran, durch das damals jüdisch dominierte Londoner Eastend zu marschieren. Es kam zum „Battle of Cable Street“, der Schlacht um die Cable Street. Die Londoner Polizei versuchte vergeblich, den Faschisten den Weg frei zu prügeln, der Widerstand der Antifaschisten war zu gewaltig.
Genau wie die Gründung der Interbrigaden in Spanien ist dieser Kampf in London 75 Jahre her. Das NO PASRAN von Madrid wurde zum THEY SHALL NOT PASS in London. Bewusst war auch allen die herausragende Funktion der britischen Kommunisten in der „Battle of Cable Street“, ohne sie hätte es diesen Massenwiderstand nicht gegeben. Die Empfehlung der englischen Sozialdemokratie an die jüdische Bevölkerung war u.a. in den Häusern zu bleiben und die Nazis durch ihr Viertel marschieren zu lassen! Und das 1936 (!), wo in Deutschland der Faschismus bereits staatstragend blutig wütete und der Antisemitismus an Menschenverachtung nicht mehr zu überbieten war.
Grund genug also, beide Ereignisse als herausragende Beispiele antifaschistischer Solidarität und Kampfbereitschaft zu würdigen und zu feiern. Zentrum der Feierlichkeiten waren natürlich die Cable Street und die Wiltons Music Hall mit hervorragenden antifaschistischen Künstlern.
Für alle London Besucher sei empfohlen, sich das wunderbare riesige Hauswandgemälde in der Cable Street anzuschauen (s. Foto zusammen mit der Thälmannfahne, Mitgliedern des IBMT und des Clarion Cycling Club 1895 in den Farben der II. Spanischen Republik).
Höhepunkt war am Sonntag dem 2. Oktober 2011 der Marsch von der U-Bahn-Station Aldgate East zur Cable Street, zum Gedenken an den Kampf vor 75 Jahren.
Es waren sicherlich weit über 2000 Antifaschisten aus Gewerkschaften, Parteien, Verbänden und Initiativen, die mit Bannern, Fahnen und Logos ihren Kampfeswillen zeigten und sich in ihrer Mehrzahl auch als Klasse verstanden. Die Banner sind Kunstwerke; sie zeigen Klassenbewusstsein und Kampfbereitschaft.
Wir sind es ja gar nicht mehr gewohnt in unserem bundesdeutschen Lande den Begriff „Arbeiterklasse“ zu vernehmen.
Klare Worte dagegen bei unseren Klassenbrüdern in UK, die „working class“ ist hier wie dort nicht nur objektiv vorhanden, sondern wird auch so genannt. Man weiß, wo der Klassengegner sitzt, nämlich u.a. in der Stockexchange (Börse) in der Londoner City unweit der Cable Street.
Das kam in den Reden von Gewerkschaftsführern von der UNITE und der RMT deutlich zum Ausdruck. Für uns aus Deutschland eine wohltuende „britische“ Erfahrung.
Und dann gab es da noch etwas, nämlich die aufrichtige Bewunderung für unseren Ernst Thälmann! Jeder, der uns auf Thälmann ansprach, war voller Bewunderung und Respekt für Teddy. Ohne ihn wäre das politische Bild Deutschlands im Ausland grau und trüb. Das sollten sich all diejenigen einmal hinter die Ohren schreiben, die ständig versuchen, das Erbe unseres großen deutschen Arbeiterführers zu demontieren. Unsere mitgeführte Thälmannfahne erwies sich als wunderbares Instrument der Verständigung unter Klassenbrüdern. Wir waren tief bewegt.
Die kämpferischen Reden von Gewerkschaftern, Migrantenverbänden, Frauenbewegungen und Initiativen waren geprägt von Unversöhnlichkeit mit dem immer menschenverachtender werdenden
politischen Regime in Großbritannien. Eine Kampfqualität, wie wir sie derzeit in Deutschland noch vermissen.
Der 96jährige Kampfveteran und Teilnehmer an der „Battle of Cable Street“ von 1936, Max Levitas, forderte die Teilnehmer auf, ständig gegen die faschistische Bestie weiterzukämpfen.
Versprochen! Auch im Namen der anwesenden deutschen Antifaschisten. Die 106 (!) Jahre junge Aktivistin Hetty Bauer (Foto) steht bis heute dafür ein.
Überhaupt war augenfällig, das Kommunisten, Sozialisten und übrige Gruppierungen respektvoll mit einander umgingen.
Ein großer Tag für die Einheitsfront!
London/Hamburg, Oktober 2011
Bericht: R. Silbermann
Fotos : B. Lubitz