Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde, liebe Anwesende, Eppendorferinnen und Eppendorfer,
Wir haben uns heute hier
vor der Gedenkstätte versammelt, um des Tages der Ermordung Ernst Thälmanns
gedenken. Heute vor 69 Jahren wurde Ernst Thälmann Im Konzentrationslager
Buchenwald feige ermordet.
Lasst mich einige Passagen
aus dem Thälmann-Report von Eberhard Czichon und Heinz Marohn zitieren, sie
beleuchten meines Erachtens treffend die Situation und sind nicht, wie bereits
andere Dokumente, durch die Zensur der heutigen Geschichtsumschreibung
gelaufen....
Das Attentat auf Hitler
am 20. Juli 1944 war Himmlers „Auslösesignal“, um diesmal die Zustimmung
Hitlers zum Mord an Thälmann zu erlangen, den er seit 1935 geplant hatte. Daß
Hitler Himmler so lange hingehalten und gezögert hatte, Thälmann zu
liquidieren, diesen statt dessen in Isolierhaft verbannte, war seinem
politischen Kalkül geschuldet, das abhängig war von der internationalen
Solidaritätsbewegung mit dem Führer der KPD. Als Himmler am 14. August 1944
Hitler in der »Wolfsschanze«, dem „Führerhauptquartier“ in den Wäldern
Ostpreußens, aufsuchte, standen auf seinem Besprechungszettel unterschiedliche
Probleme, vor allem aber Hitlers Einwilligung zur Ermordung verschiedener an
der Verschwörung des 20. Juli 1944 Verdächtigter. Thälmanns Name ist, wie aus
dem Original ersichtlich, bei uns in der Gedenkstätte zu sehen, nachträglich
hinzugefügt worden.
Thälmann hatte sich in
der Einzelhaft nicht brechen und sich ebenso wenig korrumpieren lassen. Er
blieb unbeugsam und unbezwingbar. Als sich die sowjetischen Truppen bedrohlich
den Grenzen des sogenannten Großdeutschen Reiches näherten und Hitler noch
unter dem Schock des Attentats auf ihn stand, erhielt Himmler von ihm
schließlich die Zustimmung auch zum Mord an Thälmann.
Am Vormittag des 18.
August holte ein SS-Sonderkommando der Gestapo Thälmann aus Bautzen ab. Der
Leiter des Bautzener Zuchthauses ließ sich in einem Telefongespräch mit Berlin
die geforderte Auslieferung Thälmanns ausdrücklich bestätigen. Soweit gibt es
zuverlässige Zeugenaussagen für die „geheime Reichssache“: „Thälmann ist zu
exekutieren“. Eine Kopie befindet sich in einer Vitrine unserer
Gedenkstätte. Ein Überführungskommando
der SS verbrachte Thälmann in einem schwarzen PKW zum KZ Buchenwald bei Weimar.
Dort wurde er, sofort nach der Einlieferung am späten Abend ins Krematorium
gebracht, hinterrücks erschossen und seine Leiche umgehend verbrannt. Wer zum
Mordkommando gehörte, konnte später ziemlich genau aufgeklärt werden. Wer die
tödlichen Schüsse abgab, bleibt umstritten.
Ein Zeuge im
Konzentrationslager Buchenwald, der sich am Krematorium hinter einen
Schlackehaufen versteckt gehalten hatte, gab später an, daß der ihm bekannte
SS-Unterscharführer Herbert Stobbe gegen Mitternacht einen PKW einließ, und die
ihm ebenfalls bekannten SS-Männer Werner Berger, Wolfgang Otto und Hermann
Hofschulte sich an der Eingangstür des Krematoriums aufstellten: „Drei Männer
in Zivil verließen den PKW, die in ihrer Mitte einen Gefangenen eskortierten,
der groß und breitschultrig war, eine Glatze hatte, die bis zum Hinterkopf
reichte. Er ging mit festem Schritt auf die offene Tür zu. Die Tür schloß sich,
im gleichen Augenblick fielen drei Schüsse. Dann war eine Minute Stille, dann
fiel ein vierter Schuß ... Als Otto und Hofschulte am Versteck des Zeugen,
vorbeigingen, hörte er, wie Otto den Rapportführer Hofschulte fragte, ob er
wisse wer das gewesen sei. Hofschulte sagte: „Nee". Da antwortete Otto:
„Das war der Kommunistenführer oder Häuptling Thälmann".
Die Bemühungen, den Mord
zu vertuschen, seine Umstände und die Tatbeteiligten zu verklären, waren
Bestandteil des RSHA-Mordplanes. Das begann mit der Veränderung der Vorlage von
Pütz, setzte sich mit der Falschmeldung fort, Thälmann und Breitscheid seien am
28. August bei einem Luftangriff auf Weimar und Buchenwald ums Leben gekommen.
Sie endete mit der Vernichtung aller Gestapo-Akten über Thälmann. Doch am 28.
August 1944 befand sich kein alliierter Kampfverband über Deutschland. Der
Londoner Rundfunk bestätigte, daß an diesem Tag kein Luftangriff stattfand. Der
Angriff auf Weimar, bei dem Rudolf Breitscheid zusammen mit seiner Ehefrau in
einem Splittergraben tödlich verletzt wurde, war bereits am 24. August erfolgt.
Die Ermordung Thälmanns
konnte im KZ nicht geheimgehalten werden. Das internationale Lagerkomitee
organisierte eine illegale Gedenkveranstaltung, an der sich 80 bis 90 Häftlinge
aus fast allen von den Nazis okkupierten europäischen Ländern in der
Desinfektionsabteilung, unter der Effektenkammer, beteiligten. Die Wände des
Raumes waren mit rotem und schwarzem Stoff geschmückt. Eine Lampe beleuchtete
ein Porträt Ernst Thälmanns, das ein sowjetischer Häftling, der Maler Roman
Jefimenko, mit Kohle auf ein Stück Karton gemalt hatte. Vor dem Bild hielten
sowjetische Kriegsgefangene Ehrenwache. Der deutsche Kommunist Bruno Apitz
spielte auf der Geige „Unsterbliche Opfer ...“, Karl Schnog rezitierte. Robert
Siewert gedachte in seiner Ansprache des antifaschistischen Kampfes und sprach
von den Aufgaben, die im Geiste des Toten zu lösen waren: „Wir wollen in
Thälmanns Namen geloben“, sagte Robert Siewert, „unseren Kampf ohne Furcht und
Zagen fortzusetzen, wie es uns Thälmann aufgetragen hat“. Zum Abschluss der
Trauerfeier sangen die politischen Gefangenen in vielen Sprachen das Kampflied
Warschawjanka.
Es dauerte dreißig Jahre,
bis ein bundesdeutsches Gericht den am Thälmann-Mord in Buchenwald beteiligten
Wolfgang Otto verurteilte. Doch das Urteil wurde umgehend vom Bundesgerichtshof
kassiert, an ein anderes Landgericht verwiesen, das Otto aus „Mangel an
Beweisen“ freisprach.
Heute wird an
verschiedenen Stellen in Deutschland Ernst Thälmanns gedacht, in Dresden,
Stralsund, Berlin und in Magdeburg.
Hier in Hamburg, seiner
Heimatstadt, haben die Veranstaltungen
zum Geburtstag und zum Tag seiner Ermordung nach 1945 jedes Jahr stattgefunden,
selbst in der Illegalität nach dem KPD-Verbot 1956, das schändlicherweise immer
noch besteht, wurden diese Gedenkfeiern fortgesetzt.
In einer Zeit, in der der
Faschismus wieder mit Mordterror aktiv war und m.E. immer noch ist, ist das
Gedenken an Ernst Thälmann und seine Kampfgefährten notwendiger denn je. Den Geschichtsumschreibern müssen wir
endlich Einhalt gebieten.
Das Jahr 2013 ist ein
geschichtsträchtiges Jahr, mit unserer Ausstellung zur Machtübertragung am 30.
Januar an die Faschisten und ihre Hintermänner sind wir den
Geschichtsumschreibern entgegengetreten.
Auch unsere weiteren
Veranstaltungen in diesem Jahr, wie die Woche des Hamburger Aufstandes mit
Filmen, Tondokumenten und Gesprächen, das Angebot des gemeinsamen Lesens des
Thälmann Reports und die Lehren aus Thälmanns Reden und Taten, werden uns
helfen, das Gedenken an Ernst Thälmann im Vorjahr des im nächsten Jahr stattfindenden siebzigsten Jahrestages der
Ermordung zu intensivieren.
Einen wichtigen Erfolg,
den wir erreicht haben, möchte ich dazu nicht unerwähnt lassen.
Viele Jahre nach der
Befreiung vom Faschismus sind endlich, die in der Zeit des Faschismus
ermordeten Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten durch die Enthüllung von
Stolpersteinen vor dem Hamburger Rathaus geehrt worden.
Jahrelang haben wir dies
mit dem Hinweis auf die in unserer Ausstellung zu sehende Tafel gefordert und unsere Besucher darauf
hingewiesen.
Dabei kann es aber nicht
bleiben, eine Tafel muss ins Rathaus!
Es gibt uns aber Mut,
fortzufahren im thälmannschen Sinne, gegen den und neuen alten Faschismus und
die Beteiligung deutscher Soldaten in aller Welt.
Das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts über den „jetzt erlaubten“ Einsatz der Bundeswehr im
Innern ist nicht hinzunehmen!
Wir beenden unsere
Veranstaltung mit der Niederlegung der Blumen und des Kranzes und
anschließend dem Singen der Internationale.